Quadrocopter sind sehr faszinierend, da sie ganz ohne Rudermechanik oder Blattverstellung auskommen. Sie lassen sich nur über die Drehzahl der vier Rotoren steuern. Da also keine komplizierte und empfindliche Mechanik im Einsatz ist, eignen sich Quadrocopter optimal zum Selbstbau. Als jahrelanger Flächenflieger und jemand, der sowohl gerne bastelt als auch gerne experimentiert ist der Quadrocopter deshalb eine optimale neue Herausforderung. Ohne jegliche Erfahrung im Bau von Quadrocoptern mache ich mich also dran und protokolliere fortlaufend während ich den Quadrocopter baue. Um zu erfahren, ob der Nachbau lohnt empfiehlt sich jeweils ein Blick auf den letzten Abschnitt.
Neben dem Quadrocopter stand auch ein Tricopter zur Auswahl. Aufgrund der dort notwendigen Mechanik fiel die Wahl allerdings auf die Quadrocopter-Variante.
Es gibt inzwischen unzählige Quadrocopter Projekte im Netz zu finden, die unterschiedliche Ziele verfolgen und sehr unterschiedliche Vorkenntnisse erwarten. Auch preislich gehen die Projekte sehr auseinander. Meine Entscheidung fiel auf den Nachbau eines Wii gesteuerten Quadrokopoters auf Basis eines Arduinoboards. Hier die Originalseite des Multiwii-Copters http://www.multiwii.com, dessen Steuerung für den Quadrocopter verwendet wird. Die Vorteile dieser Steuerung liegen neben dem sehr günstigen Preis auch in der einfachen Programmierung der Steuerung über ein Arduino-Board mit Hilfe eines USB-Kabels über den PC. Das Projekt scheint genügend Dynamik aufzuweisen, um auch zukünftig neue Funktion über Software-Updates erweitern zu können. Funktionen wie z.B. GPS Positionen automatisch abzufliegen oder die Position zu halten, hatten bei der Auswahl keine Relevanz. Der Multiwii-Copter kommt bei der Variante als Quadrokopter außerdem ohne Summensignal aus, das bedeutet, dass die Servoausgänge des Empfängers direkt an die Steuerung angeschlossen werden können.
Beim Quadrocopter selbst unterscheidet man die X-Variante und die Plus-Variante. Bei der X-Variante sieht man zwischen den zwei vorderen Rotoren durch und kann so besser eine Kamera für den FPV-Flug nutzen. Um bei gleich drehenden Motoren kein Moment um die Hochachse (Gier-Achse) zu haben müssen jeweils zwei Rotoren gegeneinander laufen. Deshalb muss man zwei rechtslaufende und zwei linkslaufende Luftschrauben einsetzt.
Wenn nun die linksdrehenden Luftschrauben schneller drehen als die rechtsdrehenden Luftschrauben, entsteht ein Moment um die Hochachse und der Quadrocopter dreht sich. Will man nach vorne fliegen, müssen die hinteren Luftschrauben schneller drehen, damit der Quarocopter nach vorne kippt. Das gleiche gilt für das Fliegen zur Seite. Um hoch zu fliegen müssen dann alle Luftschrauben schneller drehen.
Um den Quadrocopter aufzubauen benötigt man folgende Komponenten:
Für die Steuerung des Quadrocopters benötigte Software
Die notwendige Software erhalten Sie hier http://code.google.com/p/multiwii/. Das herunterladbare Zip-Archiv enthält neben der .pde-Datei, welche die Logik für die Steuerung enthält auch noch ein Programm, mit dem das Verhalten des Boards über USB kontrolliert werden kann.
Die Steuerung geschieht über ein Arduino Pro Mini Board. Daran angeschlossen wird die Platine aus dem Wii Motion Plus mit den drei Gyroskopen zur Messung der Drehbeschleunigung und daran wiederum über den I²C Bus die Platine aus dem Wii Nunchuck mit den drei Beschleunigungssensoren. Die Elektronik könnte direkt über Kabel verbunden werden und wäre dann, wie auf der Originalseite beschrieben ziemlich kompakt. Ich bevorzuge allerdings, die einzelnen Sensoren einzeln auf Platinen zu löten, um so modularer zu sein und die Sensoren einfacher tauschen zu können. Der Gewichtsnachteil erscheint mir dabei vernachlässigbar.
Als erstes bauen wir das Wii Motion Plus auseinander. Dabei müssen Sie die Dreischlitzschrauben aufbauen. Anschließen können Sie es mit einem Schraubenzieher auseinanderdrücken und die Platine entnehmen. Das Flachkabel wird nicht mehr benötigt und die farbigen Kabel sollten Sie möglichst nahe am Stecker abschneiden, so dass diese lange genug bleiben, um sie später auf die Platine löten zu können. Das weiße, das gelbe und das blaue Kabel können Sie abschneiden, da es nicht mehr benötigt wird.
Nun kommt schon der kritischste Teil. Sie müssen nun das Flachkabel aus der Platine lösen, ohne diese dabei zu beschädigen. Wenn Sie eine Entlötsaugpumpe besitzen, sollten Sie von der Gegenseite zuerst möglichst viel Lötzinn entfernen, um die Kabel dann ggf. direkt rausziehen zu können. Falls das nicht klappt könne Sie versuchen, das Flachbandkabel ganz abzuschneiden und mit gegengehaltenem Lötkolben die Reste mit einer Nadel durchdrücken. Seien Sie allerdings vorsichtig, dass Sie die Platine nicht zu stark erhitzen und die Leiterbahnen nicht beschädigen. Im Zweifel lassen Sie Reste des Flachbandkabels in den Löschern stecken, falls diese nicht stören.
Nun folgt der Anschluss für das Nunchuck am Wii Motion Plus Board. Nehmen Sie eine Stiftleiste mit fünf Anschlüssen und biegen Sie diese so, dass sie direkt auf die benötigten Anschlüsse passen. Anschließend löten Sie diese auf Stoß an. Dabei müssen Sie die Leiste fixieren, da diese kein Halt in den Löchern hat.
Das Sensorboard soll später über eine weitere Stifleiste mit der Hauptlatine verbunden werden. Dazu wird dieses auf eine eigene Lockplatine gelötet.
Das erste von zwei Sensorboards ist fertig. Als nächstes folgt das Nunchuck mit den Beschleunigungssensoren. Der Quadrocopter kann aber auch nur mit dem Wii Plus Sensor erstaunlich stabil geflogen werden. Die Beschleunigungssensoren des Nunchuk dienen allerdings zur Lageerkennung und somit zur zusätzlichen Stabilisierung.
Als erstes müssen Sie die Schrauben wieder aufbohren, um an die Platine des Nunchuk zu kommen. Anschließend werden die Kabel (weiß, grün, Brücke zu rot, gelb und rot) an eine fünfpolige Buchenleiste gelötet. Die Brücke zwischen der dritten und der fünften Buchse lässt sich am Besten mit einem kurzen Drahtrest realisieren, indem man diese zwei Stifte in die eine und die restlichen Stifte in die andere Richtung biegt.
Jetzti ist die Platine bereits fertig, um mit dem Wii Motion Plus Sensor verbunden zu werden. Um noch etwas Gewicht zu sparen, kann die Platine noch abgesägt werden. Kontrollieren in dem Fall unbedingt die Sägekante, um zu verhindern, dass dort Leiterbahnen verbunden sind. Am Besten, Sie entgraten die Kanten leicht mit einem Messer.
Die Sensoren sollen später auf die Hauptplatine gesteckt und so mit der Arduino-Steuerung verbunden werden. Dazu werden nun beide Sensoren verbunden. Fixiert werden die zwei Platinen mit EPP und Klebeband. So werden die Beschleunigungen sicher von den Sensoren erfasst und gleichzeitig Vibrationen gedämpft. Die Abgesägte Kante zeigt dabei in Richtung der Steckverbindung zwischen den zwei Platinen.
Damit das Sensorboard sicher mit der Hauptplatine verbunden werden kann, sollten Sie auf der Gegenseite noch eine Stiftleiste anlöten.
Der erste Teil ist geschafft. Die Sensoren sind nun für den Einsatz vorbereitet. Prüfen Sie nochmals, ob die Platinen rechtwinklig montiert sind.
Als Controller und somit Herzstück des Quadrocopters kommt ein Arduino Pro Mini 328 - 5V/16MHz zum Einsatz. Das gesamte Board ist kompakt und sehr leicht. Es enhtält einen Atmel Mikrocontroller, der für diese Aufgabe ausreichend analoge und digitale Eingänge und Ausgänge enthält und kann über den FTDI Basic Breakout 5V Adapter direkt mit dem Computer verbunden und so programmiert werden..
Um auch das Arduino Board modular nutzen zu können, setzen wir hier wieder auf Stiftleisten. Zuerst werden also an beiden Seiten Stiftleisten angebracht. An der einen Seite werden zusätzlich zwei Stifte überstehen gelassen, um daran die I²C Anschlüsse (Serieller Bus) anzuschließen, da dieses leider nicht in das 2,45 mm Raster passt. Die Stifte werden einfach über zwei Drähte mit den I²C Lötpunkten neben dem Prozessor verbunden. Hierbei müssen Sie besonders darauf achten, den Prozessor mit dem Lötkolben nicht zu beschädigen oder Anschlüsse aus Versehen zu verbinden.
Bevor wir zum ersten Test der Steuerung kommen, müssen wir zuerst eine Hauptplatine erstellen, die zumindest den Controller mit dem Sensor verbindet. Dazu verwende ich eine Lochrasterplatine, da diese sehr einfach gelötet werden können.
Im ersten Schritt werden die Buchsenleisten auf die Platine verlötet. Dies geht am einfachsten, wenn man das Arduino-Board und die Sensoren bereits aufsteckt.
Anschließend werden die Verbindungen zwischen dem Sensor und dem Arduino Board über Drähte angebracht. Als Drähte verwende ich hier abisolierte Telefondrähte.
Im letzten Schritt müssen die überschüssigen Verbindungen getrennt werden. Dies geht per Hand mit einem kleinen Bohrer sehr einfach, indem man das Kopfer soweit aufbohrt, dass keine Verbindung mehr besteht. Nach diesem Arbeitsschritt müssen Sie sicherstellen, dass alle Kupferspänen von der Platine entfernt sind.
Geschafft - Die Quadrokopter Steuerung ist nun fertig für die ersten Trockeübung. An dieser Stelle wird es Zeit für das erste Erfolgserlebnis.
Nachdem die Steuerung nun vorbereitet ist, kann sie nun getestet werden.
Gehen Sie nun auf die Code-Projekt Seite http://code.google.com/p/multiwii/source/browse/#svn%2Ftags und laden dort die aktuelle Version (hier die 1.5) herunter. Das Zip-Archiv enthält sowohl den Quelltext, den Sie zum Programmieren der Steuerung benötigen, als auch ein Programm, um die Steuerung am PC über ein USB-Kabel zu überwachen.
Im Verzeichnis MultiWiiV1_5 liegt die MultiWiiV1_5.pde. Diese Datei enthält den Quelltext und kann über die Entwicklungsumgebung von Arduino (http://arduino.cc/en/Main/Software) auf das Board übertragen werden. Die Entwicklungsumgebung ist für PC, Mac und Linux erhältlich.
Jetzt ist die Quadrocopter-Steuerung soweit, um getestet zu werden.
Als letzten Schritt zur Fertigstellung der Wii Quadrocopter Steuerung werden nun die Anschlüsse zum Empfänger und die zu den Flugreglern angelötet. In meinem Fall hatte ich noch genügend Servokabel mit Stecker sowie mit Buchsen. Wenn Sie noch keine Kabel haben, können Sie den Empfänger entweder über Buchsenleisten direkt auf die Platine stecken oder insgesamt fünf Verlängerungskabel nehmen. Der 2,4 GHz M-Link Empfänger wurde mit einem Klettband auf der Platine befestigt.
Das Layout kann, wie man auf der Rückseite sehr gut sieht auch noch kompakter gestaltet werden. Bei einer Größe von 100 x 100 mm ist diese Steuerung nicht die Kleinste. Für weitere Komponenten, wie z.B. ein Luftdruck- oder ein GPS-Sensor ist also noch genügend Reserve.
Jetzt können Sie die Platine wieder an den Rechner anschließen und das Verhalten beim Bewegen und beim Steuern beobachten.
Nachdem die Steuerung fertig ist, kommt nun der Rahmen dran. Verglichen mit dem Bau eines Modellflugzeugs eine erstaunlich einfache Sache. Als Material für den Rahmen kommt 10 mm Alu-Vierkantrohr aus dem Baumarkt zum Einsatz. Das 1 Meter lange Stück für ca. 3 Eur wird in 4 gleich große Stücke geschnitten. Mann könnte auch zwei lange Stücke in der Mitte zusammenschrauben. Ich wollte die Ausleger aber flexibel halten, um sie zusammenklappen zu können. Am Ende werden die Löcher für die Motorbefestigung gebohrt. Beim Einsatz eines 28xx Robbe Roxxy kann der mitgelieferte Motorträger als Schablone für die zu bohrenden Löcher verwendet werden.
Die Alu-Vierkantrohre müssen nun noch mit einer Grundplatte verbunden werden. Dazu habe ich Sperrholz aus einem Memory-Spiel verwendet und an den Ecken im Abstand von 10 mm jeweisl 3,2 mm Löcher gebohrt. Die Aluminium Ausleger des Quadrocopters werde in ca. 35 mm Abstand ebenfalls mit Löcher versehen, um die Platten dadurch mit M3 Schrauben fest zu verbinden. Die einzelnen Ausleger sind nur durch die Schraubkraft gespannt und lassen sich noch bewegen. Sie können diese also entweder noch mit einer zweiten Schraube fixieren, oder dieses Verhalten für die Erstflüge als gewollte "Sollbruchstellen" hinnehmen. Die Schrauben sollten allerdings so stramm angezogen werden, dass sich die Ausleger nur bei einem Absturz bzw. einer Bruchlandung bewegen.
Der Rahmen ist nun soweit fertig, dass Steuerung, Regler und Akku montiert werden können. Die Regler werden zuerst an ein 2.5 mm² Kabel gelötet. Dau wird im Abstand von 100 mm das Kabel für 3 mm abisoliert und dort die Regler angelötet. Anschließend werden die Regler mit Kabelbinder an den Alurahmen befestigt.
Die Platine der Quadrocopter Steuerung wird auf ein Stück Styropor oder EPP gelegt und dann über Gummis bzw. Klebeband mit dem Board verbunden. Achten Sie darauf, dass das Board und die Sensoren exakt ausgerichtet sind.
Die Angeschlossenen Regler werden nun mit der Steuerung verbunden. Das Verbindungsschema ist hier zu sehen. Überschüssige Kabel können mit Kabelbinder oder Klebeband befestigt werden. Es ist wichtig, dass keine Kabel in den Drehbereich der Propeller ragen.
Mit den drei Roxxy Motoren und den 10 Zoll Luftschrauben hat der Quadrocopter sehr viel Kraft. Seien Sie also vorsichtig. Die Motoren können Sie vollständig stoppen, indem Sie den Gier-Knüppel ganz nach links bewegen.
Trockenübung:
Test mit Propeller
Der erste Flug
Die gebaute Copter-Steuerung kann sehr einfach in verschiedene Copter eingebaut und in sekundenschnelle umprogrammiert werden. Meine bevorzugte Variante ist inzwischen der asymmetrische Quadrocopter. Bei ihm kann, wie beim Tricopter die Flugrichtung besser erkannt werden, da die hinteren Motoren dichter bei einander sind. Im Vergleich zum Tricopter benötigt der Quadrocopter keinerlei Mechanik, was zu einer geringeren Fehleranfälligkeit führt. Da der Preis für einen Quadrcopter-Rahmen bei wenigen EUR anfängt, lässt sich sehr einfach experimentieren.
Der Wii-Quadrocopter ist extrem günstig zu bauen und liegt erstaunlich stabil in der Luft. Selbst ohne Nunchuck lässt er sich sehr einfach steuern. Inzwischen werden bereits weitere Sensoren unterstützt und das Multiwii-Projekt entwickelt sich sehr dynamisch. Für Einsteiger also der optimale Quadrocopter, da man mit der Entwicklung mitwachsen und so nach und nach neue Funktionen ergänzen kann. Es liegt an jedem selbst. Besonders sympatisch finde ich an diesem Projekt auch die einfache Programmierung auf Basis des arduino-Boards. Sollte mal etwas mit den eingesetzten Komponenten nicht optimal funktionieren, kann man selbst eingreifen und den Fehler korrigieren. In diesem Projekt, war es z.B. notwendig, die minimale Motordrehzahl auf 1000 zu setzen, um einen sicheren Anlauf zu gewährleisten. Für jeden, der gerne lötet und noch auf Positionhold und Waypoint-Fliegen verzichten kann, ist dieses Projekt sehr zu empfehlen.